Drei Jahrzehnte nach der deutschen Vereinigung präsentiert das Ifo-Institut gemeinsam mit der Mitteldeutschen Stiftung eine umfassende Analyse der aktuellen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Situation im Osten des Landes. Obwohl es bemerkenswerte Fortschritte gegeben hat, bleibt die regionale Wirtschaft weiterhin von strukturellen Problemen geprägt. Das Bruttoinlandsprodukt pro Erwerbstätige-Stunde nähert sich dem westdeutschen Niveau an, während gleichzeitig spezifische Branchen wie die Mikroelektronik und erneuerbare Energien neue Chancen erschließen. Doch Hindernisse wie Fachkräftemangel und politische Unsicherheit verhindern einen nachhaltigen Aufschwung.
In den letzten Jahren zeichnete sich ein signifikanter Anstieg der Produktivität in Ostdeutschland ab. Heute erreicht die Leistungsfähigkeit je aktiver Arbeitsstunde etwa 86 Prozent des westdeutschen Durchschnitts – ein erheblicher Sprung seit der Zeit der Wiedervereinigung. Besonders herausragend sind dabei die Forschungseinrichtungen Sachsens, die durch ihre MINT-Fokusstrategie zu einem wichtigen Innovationsmotor geworden sind. Dennoch fehlt es an einer wirksamen Vernetzung zwischen akademischen Einrichtungen und lokalen Unternehmen, was den Technologietransfer beeinträchtigt.
Eine weitere zentrale Rolle spielt die Ausweitung der erneuerbaren Energien, insbesondere in Regionen wie Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Diese Entwicklung stellte zunächst große Hoffnungen in die Zukunft der Energieversorgung dar. Allerdings offenbarte sich bald, dass ein effizienter Netztransport notwendig ist, um den Strom dorthin zu leiten, wo er benötigt wird. Dies stellt nun eine dringende Herausforderung dar, da der Netzausbau enorme Kosten verursacht und Jahre in Anspruch nehmen wird. Eine mögliche Lösung könnte die Anlockung von Rechenzentren sein, die zwar Strom konsumieren, aber weniger Personal benötigen.
Zudem bestehen erhebliche Unterschiede in der Unternehmensstruktur zwischen Ost und West. Viele größere Firmen dienen lediglich als Subunternehmen für Konzerne, deren strategische Entscheidungen weit entfernt getroffen werden. Diese Abhängigkeit führt dazu, dass viele lokale Unternehmen bereits früh an Wachstumsgrenzen stoßen. Die Bedürfnisse der ostdeutschen Wirtschaft unterscheiden sich jedoch kaum von denen im Westen: Bürokratieabbau, günstigere Energiepreise sowie Steuersenkungen stehen ganz oben auf der Agenda.
Die Politik muss daher klare Signale setzen, um Vertrauen bei der Bevölkerung zu stärken. Mit Blick auf bevorstehende Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern ist es entscheidend, dass die Bundesregierung ihre Versprechen in konkrete Maßnahmen umsetzt. Nur so kann die regionale Dynamik gefördert und langfristiger wirtschaftlicher Erfolg gesichert werden.